Ehe - Brautpaar
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Pferderennen, merkwürdige Hüte und eine unangenehm strenge Etikette. Martina wollte das alles nicht. Sie ließ ihren verträumten Blick aus dem Schulzimmer des Internates auf die grünen Wiesen fallen. Warum nicht Spanien? Oder Monaco? Wieso konnte sie nicht in eines der Häuser einheiraten, das in warmen Ländern lag? Doch erst am Wochenende zuvor hatte ihr der Vater seine Pläne veröffentlicht. Der englische Adel könne sehr viel mehr für das Gelingen der eigenen Firma tun. Diese unterhielt Verbindungen nach Großbritannien, folglich würde sich eine Hochzeit weitaus eher lohnen. Zudem hielt der Vater nichts von dem ausschweifenden Leben in vielen anderen europäischen Adelsfamilien.

Viel konnte Martina mit diesen Wünschen nicht anfangen. Sie waren ihr zuwider. Bis neulich hatte sie auch nicht geglaubt, dass ihr Vater sehr an der Verwirklichung der Pläne hängen würde. Nun aber war es ihr unmissverständlich klar. In seiner unnachgiebigen Art hatte er es ihr mitgeteilt. Kurz und knapp, keine Widerrede duldend. Es solle ein geeigneter Bräutigam für sie gesucht werden. Ebenso jung und Erfolg versprechend wie sie selbst. Wer war er wohl? Hatte sie ihn vielleicht auf einem der zahllosen Familientreffen bereits kennenlernen können? Da wimmelt es von irgendwelchen Burschen, die sich wichtig nahmen, weil sie dem Adel entsprangen. Aber keinen davon wollte sie bisher.

Eine kurze Ansicht der Tafel, dann ließ Martina den Blick flüchtig durch das Klassenzimmer streifen. Hier saßen nur Kinder aus vermögenden Häusern. Aber deren Zukunft war im Gegensatz zu ihrer offen. Sie lernten ihre Partner auf Partys kennen, fuhren mit ihnen in den Urlaub, verliebten sich und heirateten auf normale Weise. Das wollte sie auch. Und dennoch wurde es ihr verwehrt. Vermutlich saß gerade irgendwo in einem englischen Internat der Junge, den sie alsbald ehelichen sollte. Hier aber sah sie den Nachwuchs von Schauspielern, Fabrikanten und Professoren. Jugendliche wie sie. Nur ohne Adelstitel, zumindest ohne einen von Bedeutung. Schnell wendete sie sich der Tafel zu.

Ganz klar: Was die Lehrerin mit ihren mathematischen Formeln ausdrücken wollte, würde auch bei der Hochzeit funktionieren. Zwei Teile, egal woher, lassen sich unter bestimmten Bedingungen zusammenfügen. Die angedachte Hochzeit hatte nichts mit Romantik zu tun. Sie versprühte nicht den Charme von Prinzen und Schlössern, von Kronen und einem untergebenen Volk. Sie verfolgte andere Zwecke. Nämlich solche, die auch Martina verstand. Die Firma des Vaters würde davon profitieren. Nur darum ging es. Sie war adelig geboren und so würde sie auch dereinst heiraten. So war sie erzogen worden und diesem Willen fügte sie sich. Martina schrieb die Aufgaben ins Heft und löste sie.