Erfahrungen

Anna wartet. Sie kocht sich Kaffee und setzt sich mit dem Kaffeebecher in der Hand ans Fenster im Wohnzimmer, von dem sie das Treiben auf der Straße beobachtet.

Sie hat ihm eine Karte geschrieben:

"Komm zu mir, bleib bei mir für immer."

Diesmal hat sie keine E-Mail an ihn geschickt, wie sie es sonst mehrmals täglich tun.

Marc hat die Attitüde eines einsamen Wolfes, der zu keinem Rudel gehören möchte. Sie erinnert sich so gerne daran, wie sie sich wiedergefunden haben, vor zehn Monaten, an einem Ort ihrer Jugend. Der Blitz hat eingeschlagen, als sie sich erblickten. Sie haben ein paar Worte gewechselt, an die sich keiner mehr erinnern kann, denn drei Minuten später hat er sie geküsst. Sie ist versunken in seinen Armen und war sich von diesem Moment an sicher, dass sie ihn nicht mehr loslassen möchte.

Sie liefen hinaus in die kalte Nacht, küssten sich im Regen und haben sich nach vielen langen Gesprächen erst im Morgengrauen voneinander getrennt.

Anna fühlte sich bis zu einer Zeit vor zwei Jahren immer als ein Kind des Glücks, hatte ihre damaligen Beziehungen immer in guter Erinnerung. Die letzte Beziehung, bevor sie Marc wiederfand, hat sie gebrochen.

Am Ende Ihrer vorherigen Liebesgeschichte war sie wütend auf sich selbst, weil sie wohl zu naiv war zu merken, dass dieser Mann ihr nichts Gutes tat. Irgendwann entdeckte sie, dass Tom immer wieder nach Bestätigung von anderen Frauen gierte.

Das Ende war damals schmerzhaft, er wollte sie nicht gehen lassen, fluchte im Zorn, dass ihr das doch mit jedem Mann passieren würde.

Mit Marc ist alles richtig; das sagt ihr Herz. Er erhellt ihr Leben. Wenn sie zusammen sind, ist es so, als würden sie auf Wolken schweben. Es ist fast so, als ob sie diese große Enttäuschung zuvor erleben musste, um das große Glück erst zu erkennen. Nur leider schlichen sich auch in die neuen Beziehung allmählich Zweifel ein.

Marc musste nach Hamburg, um dort ein Interview für ein Modemagazin zu geben. Warum meldet er sich nicht? Trifft er sich dort mit einer anderen Frau? Als sie versuchte, ihn anzurufen und sich nur die Mailbox meldete, verstrickte sie sich in den allerschlimmsten Befürchtungen. Das Klingeln der Tür riss sie aus ihren Gedanken. Es ist Marc, er blickt sie strahlend an und hält ihre Karte in der Hand, umarmt sie stürmisch und sagt: „Ja, bei dir will ich bleiben, für immer“.

Nach einem langen Kuss erklärt er ihr endlich, was passiert ist.

„Ich hab mein Ladekabel vergessen, ich hab den Job gemacht und wollte so schnell wie möglich zurück, war kurz daheim und wollte nur mein Zeug reinschmeißen und hab mich so über deine Karte gefreut. Endlich was Verbindliches von dir, du warst immer etwas zurückhaltend und ich wollte dich nicht bedrängen. Ich will dich für immer und das wusste ich schon damals, als wir uns das erste Mal gesehen haben“. „Ich lass dich nie mehr los“ sagte sie leise und versank glücklich in seinen Armen.