An die Hochzeit meiner Freundin Sarah kann ich mich noch sehr gut erinnern, auch wenn sie schon drei Jahre zurückliegt. Sarah ist meine Jugendfreundin und ihr damaliger Freund Tim ging mit mir zusammen in die Schule. Sie studierte Jura und Tim arbeitete bereits bei der Stadt. Es war ein junges Paar, wie man es sich schöner nicht vorstellen konnte und ich hätte Sarah keinen besseren Mann wünschen können. Auf eine Verlobung hatten die beiden verzichtet und so kam schließlich der Tag im Mai, an dem sie endlich heirateten. Es gab keine kirchliche Trauung, aber auch die standesamtliche rührte alle Anwesenden zu Tränen. Wir kommen aus einer kleinen Stadt, in welcher der Festsaal des Rathauses schon seit Jahrhunderten für Trauungen genutzt wird.
In diesem tollen Ambiente gaben Sarah und Tim sich das Ja-Wort. Besonders schön fand ich, dass ich Sarahs Trauzeugin sein durfte. Für Tim hatte dessen älterer Bruder diesen Part übernommen. Da stand Sarah in ihrem bodenlangen, weißen Brautkleid, das mit Spitzen besetzt war. Auf einen Schleier hatte sie verzichtet, aber dafür trug sie ein herrliches, mit hellgrünem Strass besetztes Diadem und ein grünes Samttäschchen. Ihr langes, blondes Haar war kunstvoll hochgesteckt und ihre grünen Augen glänzten vor freudiger Erwartung. Tim sah genauso gut aus wie Sarah, denn er trug einen herrlichen, silbergrauen Hochzeitsanzug.
Nach dem Tausch der Ringe warf Sarah vor dem Rathaus den Brautstrauß hinter sich und danach ging es zur Hochzeits-Location vor der Stadt. Dort liegt auf dem Hügel eine mittelalterliche Burg, in der schon viele Paare ihren großen Tag gefeiert hatten. Die liebevoll und aufwändig restaurierte Burg ist wie geschaffen für die Feier nach der Trauung. Sie wird von einem großen Park voller Blumen umgeben, der eine wunderschöne Umgebung für Hochzeitsfotos bietet.
Am Eingang erwarteten uns Kellner im Frack, die uns einen Aperitif reichten. Dann setzten wir uns alle hin und es wurden ein paar Reden auf das Brautpaar gehalten. Neben der hufeisenförmigen Hochzeitstafel waren weitere Tische aufgebaut, auf denen die Geschenke und Glückwünsche drapiert waren. Die in hellem Grün arrangierte Dekoration war herrlich anzusehen. Sie passte zu Sarahs Accessoires und zu ihren hellgrünen Augen, die wie ein ferner Ozean leuchteten. Als das Essen endlich serviert wurde, klopfte mir das Herz bis zum Hals vor Aufregung. Hatten Sarah und ich die richtigen Speisen gewählt und würde es allen schmecken? Die Sorge war unbegründet, denn alle anwesenden Gäste ließen es sich gut munden.
Nach dem Essen machten sich die Gäste auf, um die Burg zu besichtigen, während die Frischvermählten, ihre Trauzeugen und die Eltern vom Fotografen in den Park gebeten wurden. Es sollten tolle Fotos werden, denn die Maisonne strahlte mit uns um die Wette. Die schönsten Bilder haben später in meinem Fotoalbum einen Ehrenplatz bekommen.
Es ging danach mit der Kaffeetafel weiter, die ebenfalls keine kulinarischen Wünsche übrig ließ. Doch damit war der Tag noch lange nicht vorbei, denn jetzt begann die Party. Ein Zauberer vergnügte Kinder wie Erwachsene. Danach gab es eine Verlosung und dann kam die Live-Band, die für den Abend engagiert worden war. Es sollte ein heißer Abend werden, in dem ich tanzte, bis ich meine Füße nicht mehr spürte. Mein Kostüm hatte ich noch an, aber die hohen Stöckelschuhe hatte ich längst abgelegt und sie gegen niedrige Tanzschuhe eingetauscht. Irgendwann war das Brautpaar, das sich die Entführung der Braut verbeten hatte, plötzlich verschwunden. Es saß in dem weißen Wagen - auf dem Weg zum Flughafen. Das Ziel der Flitterwochen waren die traumhaften Seychellen.
Ich blieb bis zum Morgengrauen auf der Burg und hatte Spaß mit Freunden, Verwandten und Bekannten. Plötzlich tanzte ein junger Mann neben mir, der mir bisher noch gar nicht aufgefallen war. Es war Sarahs Cousin Kevin, der am anderen Ende von Deutschland wohnt. Er ist Medizinstudent und er hat ein ansteckendes Lachen und herrliche, weiße Zähne. Wir kamen ins Gespräch und ich erzählte ihm, dass ich Erzieherin bin, weil ich Kinder über alles liebe. Ja, und während ich dies hier niederschreibe, sitzt Kevin mir gegenüber und füttert unser kleines Baby. Die Hochzeitsglocken läuten auch bald und nun weiß ich, wieso ich Sarahs Brautstrauß aufgefangen hatte.